Schnappschuss [1] vor dem Eingang der ETERNIT-Werke Vöcklabruck, um 1940. Die Werke, die sich der Herstellung von Asbestzement in Form von Dächern, Fassadenplatten und Röhren widmen, bestehen seit 1894 [2].
Auf der Firmenwebsite wird der Pioniergeist von Gründer Ludwig HATSCHEK wie folgt beschrieben [2]:
1894 hat Ludwig Hatschek die Idee von einem Produkt, das die Baubranche verändern soll. Er beginnt an einem Baustoff zu arbeiten, der leichter als Ziegel, günstiger als Schiefer und besser als Blech sein soll […]
Klassische ETERNIT-Dächer und -Fassaden sind äußerst haltbar und verwitterungsresistent, enthalten jedoch Asbest, was beim Rückbau oder Abriß von damit versehenen Gebäudeteilen zu erhöhtem Aufwand führt, sind freie Asbestfasern doch lungenwegsam und zerstören bei deren Einamtung die Lungenaveolen.
Entgegen der gängigen Meinung sei an dieser Stelle festgestellt:
Asbest ist eine natürliche nadelige mineralische Faser, die bei der Verwitterung von Amphiboliten und Serpentiniten entstehen kann.
Asbest ist nicht giftig, aber in der Handhabung (Verarbeitung, Rückbau) gefährlich.
Quellen:
[1]…Negativ 9×6 cm, Eigentum schlot.at-Archiv (2016)
Fährt man von Sollenau gegen Blumau – Neurisshof, sind kurz nach der Ortsausfahrt linkerhand mehrere ältere Industrieobjekte zu erkennen. Markant sind mehrere hier befindliche unbeschrankte Werksgleisübergänge. Am Gelände des ehemaligen Metallumschmelzwerkes ALMETA befinden sich die einst medial breitgetretenen asbestbelasteten Personenwaggons der ÖBB zum Abwracken…siehe und hier (sehr schöne Fotos).
Die ursprüngliche Nutzung des Geländes erfolgte ab 1905 durch die Gebr. Böhler AG. Es wurde Munition erzeugt. Verortung folgt.
Im Folgenden eine zeitgenössische Werksdarstellung, aus der auch die oben stehenden interessanten und seltenen Fotos stammen [1]:
„Munitionsfabrik Sollenau.
In unmittelbarer Nähe der k.u.k. Pulverfabrik Blumau und des k.u.k. Artillerie-Schießplatzes am Steinfelde gelegen, befindet sich die Böhler’sche Munitionsfabrik in Sollenau.
Diese Anlage ist anfangs 1905 streng nach den diesbezüglich bestehenden Vorschriften erbaut worden; alle Objekte sind elektrisch beleuchtet. Die Munitionsfabrik ist auf regelmäßigen Nachtbetrieb eingerichtet.
Die Anlage liegt knapp an der Trace der Militär-Schleppbahn, in welche auch das Fabriksgeleise einmündet. Der Zu- und Abschub der Materialien ist daher der denkbar sicherste.
Das Etablissement besteht aus nachfolgenden Objekten:
a) einem Wohn- und Administrationsgebäude,
b) zwei Depoträumen von je 100 m Länge und 9m Breite
c) einem Handpulvermagazin (Pulverturm),
d) einem 75 m langen und 9m breiten Laborier-Objekt, in welchem sich der 50 m lange Laboriersaal befindet.
Die Leistungsfähigkeit für verschiedene Munition sei nur dadurch illustriert, dass durch längere Zeit eine Tagesleistung von 3000 Stück 7,6 cm-Schnellfeuergeschütz – Patronen erzeilt wurde.“
Nach dem 1. Weltkrieg wurde das Werk für die Friedensproduktion adaptiert und darin Werkzeug hergestellt [2]. Heute sind die Gleisanlagen und ein Teil der alten Bausubstanz noch vorhanden. Ein Besuch lohnt sich, schöne Architektur und für Eisenbahnfreunde oder Schleppbahnfans ist Sollenau ohnehin ein Mekka. Übrigens wurde das Werk namensgebend für diesen Teil der Gemeinde Sollenau (Böhler).
Quellen:
[1] Gebr. Böhler&Co AG Wien-Berlin (Hrsg., 1914): Die Erzeugungsweise von Böhler-Stahl und die Betriebsverhältnisse in den gesellschaftlichen Werks-Anlagen mit einer Schilderung der Erzeugnisse und der geschäftlichen Organisation. 5. Auflage, Selbstverlag, 55ff
Aufnahme eines kirgisischen Betonwerkes, ca. 1965. Nach Recherchen 2011 wurde der Betrieb als KANT CEMENT AND SLATE WORKS identifiziert. Erzeugt / abgebaut werden Zement, Schiefer und Asbestzementrohre. Hier das Produktportfolio und die Ansprache des Direktors – Nur für Männer. Verortung folgt.
Über 74 Jahre lang wurden hier Asbestwaren, vor allem Platten und Gespinste, erzeugt. Seit 1945 waren hier durchschnittlich 120 Personen beschäftigt. Die Expansion der SEMPERIT machte Schwerpunktverlagerungen notwendig. So mußte der Betrieb 1972 geschlossen werden. [3]
Letzte bekannte Nutzung: Holzverarbeitung Karl Neulinger [4].
[1] SEMPERIT AG (1975): 150 Jahre Österreichische Kautschukindustrie 1824-1974. Molden Reihe Industriemongrafien 1/Verlag Fritz Molden, Wien-München-Zürich, 95
[2] Industrie-Compass 1925/26, Band I Österreich, Compass-Verlag, 963
[3] SEMPERIT AG (1975): 150 Jahre Österreichische Kautschukindustrie 1824-1974. Molden Reihe Industriemongrafien 1/Verlag Fritz Molden, Wien-München-Zürich, 35
[4] Handels-Compass Österreich 1978/79, Compass-Verlag, 1768
Folgende Fotodok entstand im Herbst 2006. Sie zeugt von der üblichen Vereinnahmung alter Industrie durch die Natur, Rave-Veranstalter, Kfz-Bastler, Sprayer und durch sonstige Elemente der Halbwelt.
Danke an Nordbahnbertl für den Lagehinweis der Calmon!