Das Saxoniawerk von Paul Heuer in Dresden gehört womöglich zu den weniger bekannten Industriestandorten in Sachsen. Zahlreiche Produkte wie Reduktions-Kupplungen, Leitspindel-Drehbänke, Hobelmaschinen, Bohrmaschinen, Lochstanzen oder Blechscheren und später vor allem Getriebe (“Heuer-Getriebe”) wurden hergestellt.(1) In den Jahren des Ersten Weltkrieges wurde das Werk offenbar zum Bau von Granaten verschiedener Kaliber umgerüstet.
Der 50-seitige Prospekt bzw. die Produktliste des “Saxoniawerk Paul Heuer Werkzeugmaschinenfabrik Dresden” mit Maßen und Preisen(2) wurde auf um 1920 datiert. Die Vermutung erfolgte auf Grund des exakten Wortlautes der Firmenbezeichnung auf einem Brief(3), publiziert in dem Online-Archiv: www.altesdresden.de, kann aber auch später sein.
1925 hatte das Werk auch eine Firmenniederlassung in 1070 Wien, Lindengasse 32.(4)
(1) https://sachsen.digital/werkansicht?tx_dlf[id]=290098&tx_dlf[page]=1, am 28.09.24, um 14:20 und Zeitschrift: Elektrotechnik und Maschinenbau, Wien, 1925, S. 287
(2) Saxoniawerk Paul Heuer Werkzeugmaschinenfabrik Dresden, um 1920, o.S.
(3) https://www.altesdresden.de/index.htm?get_haus=fied034, am 28.09.24, um 14:28
(4) Zeitschrift: Elektrotechnik und Maschinenbau, Wien, 1925, S. 287
Der Maurermeister Ludwig Gussenbauer (1853 – 1923) gründete seine Spezialunternehmung für Fabriksschornsteinbau und Einmauerung von Dampfkesseln als offene Gesellschaft am 1. August 1891,(1) nachdem er sich bereits seit 1873 damit beschäftigte. 1898 tritt der Sohn Ferdinand Gussenbauer (Bautechniker) als Gesellschafter in die Firma ein und übernimmt sie 1914 vollständig nach dem krankheitsbedingten Rücktritt des Vaters.(2) Am 1.11.1923 stirbt Ludwig Gussenbauer im Alter von 70 Jahren.(3) Sein Enkelsohn Ferdinand Gussenbauer Jun. trat 1919 in die Firma ein.(4)
1926 wurde die Firma nach Liquidation gelöscht.(5) Im Firmenbuchakt von 1993 wird die „Spezialunternehmung für Fabriksschornsteinbau und Einmauerung von Dampfkesseln L. Gussenbauer & Sohn“ mit dem Datum 27.11.1991 als Ersteintrag und mit Löschungsdatum 16.01.1993 verzeichnet.(6) Die Firma besteht heute noch unter dem Namen L. Gussenbauer & Sohn Spezialbauunternehmung GmbH und beschäftigt sich u.a. mit dem Schornsteinbau in der Karolinengasse in Wieden. Bereits 1906(7) findet man den Unternehmenssitz und die Wohnung der Familie an der heutigen Adresse in einem 1874 erbautem Gebäude in Besitz Ludwig Gussenbauers.(8) Zur vorigen Adresse Schönburgstraße 26 (die des vorliegenden Prospekts) kam am 01.05.1903 ein Standort in der Wimmergasse 29, 1050 Wien, hinzu.(9)
Das „älteste“ Unternehmen „dieser Spezialbranche in Österreich-Ungarn“(10) war der führende Dampfschornsteinbauer mit renommierten Aufträgen „für industrielle Betrieb[e] des Staats-, Kommunal- und Privatbesitzes“(11).
„Hiermit erlaube ich mir, mich zur Ausführung meiner Specialarbeiten höflichst zu empfehlen -Dampfschornsteinbau – rund und eckig – inclusive Material-Lieferung, erstere mit radialen Formsteinen unter dauernder Garantie für Stabilität bei allen Witterungsverhältnissen. Desgleichen Reparaturen als: Höherbauen, Einbinden mit Eisenringen, Ausfugen, Geraderichten, Abtragen etc. Sämmtliche Arbeiten auch während des Fabriksbetriebes. Uebernahme von Kessel- und Maschinenhausbauten, Fundamente für Maschinen und ganzer Fabriksanlagen aus Stampfbeton. Einmauerung von Dampfkesseln jeden Systems und Braupfannen mit Regulierfeuerung.“
„Ich empfehle daher vorliegendes Prospect, welches die Vor- und Nachtheile, die bei Errichtung von Kessel und Schornsteinbauten zu berücksichtigen sind, [..], anführt.“
Vorteile einer „guten Feuerungsanlange sind“ zb.: dichte, trockene und leicht zu reinigende Feuergänge, „möglichst rauchfreie Verbrennung“, bequeme Regulierung und „Schonung des Kessels“.
„Der Schornstein bildet das belebende Element der Feuerungsanlage und hat die Bestimmung, in erster Linien die zur Verbrennung erforderliche Luft [..] zuzuführen, in zweiter Linie die Verbrennungsproducte und schädlichen Gase [..] abzuführen, [..].“
Der „zweckmäßigste Quer- und Längenschnitt“ des Schlotes, die obere lichte Weite und die angepasste Höhe sind für eine funktionierende Anlage von besonderer Bedeutung.
Der runde Querschnitt, also Dampfschornsteine aus „radialen Formsteinen mit verticaler Lochung“ sind am geeignetsten, da sie weniger Wärme nach Außen abgeben und weniger Gewicht und Materialnutzung aufweisen. Der Rauchabzug erfolgt dadurch auch schneller als bei vier- oder achteckigen Schloten, die nur dann zur Verwendung kommen, wenn die Fracht der Formsteine zu teuer wäre und versierte Maurer nicht verfügbar sind. Außerdem können sie Stürmen besser widerstehen, da sie aus dichten und glatten Steinen bestehen. „Meine Steine werden nicht wie Lehmziegel mit Sand und Handstrich angefertigt, sondern mit Wasser durch hiezu geeignete Maschinen aus einem guten, consistenten Materiale erzeugt [..]“.
Die Lochung der Formsteine hilft eine gleichmäßigere Temperatur des Schlotes zu erhalten, in dem die Löcher mit Mörtel ausgefüllt werden und so ein „inniger Verband (Ringverband)“ entsteht.
Die Ziegel werden fast nur in den großen Wiener Ziegelwerken angefertigt und eine immerwährende Stabilität garantiert.
Gussenbauer betont immer wieder (zb. auch in diversen Werbeanzeigen), dass er seine Schornsteine ohne Gerüst baut und nur speziell geschulte Maurer/Fachkräfte beschäftigt. Quelle. Ludwig Gussenbauer, 36-seitiges Prospekt, Wien 1897, o.S.
1 WSTLA: Handelsregister-Auszug, 03.07.1900, S. 153, Zahl 106/1.
2 Das neue Städtewerk, Wien, Band 3, 1927, S. 335.
3 WSTLA: aus dem Verzeichnis der Verstorbenen, 2022.
4 Städtewerk
5 WSTLA: Handelsregister-Auszug, 1900.
6 WSTLA: Akt: 2.3.3.A49/1.FN002328z, vom 16.01. 1993.
7 Adolph Lehmann’s allgemeiner Wohnungs-Anzeiger : nebst Handels- u. Gewerbe-Adressbuch für d. k.k. Reichshaupt- u. Residenzstadt Wien u. Umgebung, 1859-1922, Protokollierte Firmen, 1906, S. 411
8 Lenobel, Josef: Häuser-Kataster der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien, Wien, 1911-12, S. 174.
9 Lehmann, Protokollierte Firmen, 1903, S. 470.
10 Werbeanzeige, angegeben mit 1914
11 Städtewerk
Die Straßenbahnremise Wienzeile war von 18.07.1901 bis 30.11.1940 in Betrieb [1].
Sie befand sich in der heutigen Linken Wienzeile, Ordnungsnummern 278 und 280 [2].
Das Foto vom Dezember 1927 [3] zeigt nach derzeitiger topografischer Einschätzung den schmalen west-ost-gerichteten Innenhof mit Gleis, Blickrichtung Osten gegen die Anschützgasse.
Trotz der Qualitätsverluste durch offensichtliche mehrmalige historische Reproduktion vermittelt das Foto einen guten Eindruck des langgestreckten Straßenbahnhofes mit seinen hohen und großflächigen Bogenfenstern.
Im Zuge der rüstungsbedingten Buntmetallknappheit im ersten Weltkrieg gründete der Industrielle Bernhard Wetzler am Südrand des heutigen Wiener Gemeindegebiets eine mittels Werksgleis an die Badner Bahn angeschlossene [1] Kupferraffinerie [2].
Die Kapazität der Raffinerie lag zur kurzen Blütezeit (Schließung bereits anno 1923 dokumentiert) bei 10 t Kupfer täglich [3].
In den Fabrikshallen wurden konfiszierte Buntmetallgegenstände wie etwa Messinghausrat gelagert und aufgeschmolzen. Ein großer Teil der Anlage – die Halle mit dem Tonnengewölbe – diente allerdings der elektrolytischen Darstellung von Kupfer aus dem wohl zerkleinerten Schmelzgut. schlot.at zeigt dazu 30 großformatige Scans des elektrotechnischen Ausstatters (Siemens-Schuckert-Werke) und ein mutmaßliches Belegschaftsfoto. Die Bilder geben Einblicke in Architektur, Lagerung und Aufschmelzung von Buntmetall, Galvanik, Appretur der Reinkupferplatten, Kraftzentrale, Schaltraum und die Laboratorien [4].
Der Standort der Kupferraffinerie befand sich im Bereich der 1923 gegründeten Zinkhütte Neu Erlaa [5], möglicherweise einer Rechtsnachfolgerin oder Nachnutzerin der verfahrenstechnischen Anlagen.
Quellen:
[1]…Lokalbahn Wien-Baden, 21.07.2024
[2]…ww1.habsburger.net/, 21.07.2024
[3]…MÜLLER, R. (1932): Allgemeine und technische Elektrometallurgie, Springer Verlag, Wien. S 632
[4]…Kupferraffinerie Neu Erlaa. Fotomappe/Baudokumentation der Siemens-Schuckert-Werke in Schuber der Siemens-Halske-Werke, 30 Stk. plus zugehöriges Belegschaftsfoto, ohne Jahr. Eigentum Archiv schlot.at (2024)
[5]…Zinkhütte Neu Erlaa, 21.07.2024
Am 19.05.1891 wurde in den U.S.A. der heute allseits bekannte Kronkorken als Getränkeverschluß patentiert [1].
Um 1925 wurde in Schweden ein neuartiger Verschluss für Getränkeflaschen erfunden, der von etwa 1930 bis 1980 eine rege Verbreitung verzeichnete; es handelte sich um eine abreißbare Aluminiumkapsel, unter der eine Lage Presskork eingelegt war. Diese ab 1933 als ALKA-Kapsel (ALuminium-KApsel) bezeichnete Erfindung feierte große kommerzielle Erfolge [2] und wurde wohl bereits relativ früh kopiert bzw. in Lizenz produziert.
In Wiener „Adolph Lehmann’s allgemeiner Wohnungs-Anzeiger“ tritt die Firma „Alkaverschluß Jonsson & Co, XVII, Ottakringer Straße 36 […]“ bereits 1930 auf [3].
1938 macht ein alteingesessenes Unternehmen, die Fa. „Österreichische Kronenkornwerke Richard Bruchsteiner, Wien XIX, Bachofengasse 8“, bereits mit einer Produkt-Erweiterung auf „Aluminium-Abreißverschlüsse“ Konkurrenz [4].
1942 firmierte „Alkaverschluß Jonsson & Co“ in Wien I, Reichsratstraße 5 und Wien I, Doblhoffgasse 9 [5].
1953 inserierte im ATB (allgemeinen Telephonbuch Wien) die Firma als „Flaschenverschlüsse Original Alka“ in Wien I, Doblhoffgasse 9. Unverblümte Konkurrenz boten damals „ Josef Frais, Wien XVII., Blumengassse 11, Fabrikation von Aluminium-Abreißverschlüssen […] sowie die „Metallkapsel- und Korkenfabrik Viktor Perry, Wien III., Ungargasse 59-61“ [6].
1972 inserierten im ATB die Firma „Alkaverschluß Timmel, 1151 Wien, Rauchfangkehrergasse 37“ und „JOMA – Johann Matzka, 1070 Wien, Kaiserstraße 33, Korke, Flaschenverschlüsse aller Art […]” [7].
1975 inserierte im ATB die Firma Timmel als „CROWN CORK GMBH Timmel, 1151 Wien, Rauchfangkehrergasse 37,“ und „Alkaverschluß Timmel, 1151 Wien, Rauchfangkehrergasse 37“ und hat dieselbe Konkurrenz wie schon 1972 [8].
Die Alka-Kapsel auf Bierflaschen der Schwechater Brauerei wurden mit der ab 1975 ausgestrahlten umstrittenen Fernsehserie „ Ein echter Wiener geht nicht unter“ dokumentiert [9][10, Minute 0:58]. Ihre Spur auf Flaschenhälsen verliert sich wohl um 1980.
Das Archiv schlot.at besitzt eine Sammlung von Abrisskapseln des 20. Jahrhunderts, die nach derzeitigem Kenntnisstand auf Bier-, Mineralwasser-, Limonaden- und Essigflaschen einsetzt wurden [11].
Vertreten sind derzeit Kapseln folgender Hersteller bzw. Marken:
Das ehem. neue Schweineschlachthaus St. Marx (heutige Arena Wien) – Bau- und (Um-)Nutzungsgeschichte
Adresse: Baumgasse 80, 1030 Wien
Aus dem Vortrag zur Historikertagung „Industriekultur“ der Donau-Uni Krems, Dezember 2023
1. DIE BASIS – Das Areal
Stadtteil- und Industriegeschichte
Die Anfänge der Schlachthöfe
Das ehemalige städtische Schweineschlachthaus
2. DIE BESETZUNG – Der Widerstand
Die Kontumazanlage – die „alte Arena“ – erste Umnutzungsideen
Konzepte für einen autonomen Kulturplatz
Industrieanlagen im Wandel
3. DER VEREIN – Der Neubeginn
Einzug in die „neue“ – die heutige – Arena
Moderne Adaptierungen
Denkmalschutz und eigener Antrieb
1. DIE BASIS – Das Areal – 1.1. Stadtteil- und Industriegeschichte
Die Erschließung des Areals hängt stark mit der Entwicklung der Donau Auen zusammen.
Jahrhundertelang wies die Donau stark “schwankende Wasserstände” auf, die im Wiener Becken” ein ganzes Netz an wechselnden Wasserarmen ausbildete”. Bereits 1832 konnten durch den Donaukanaldurchstich einige Gebiete in Erdberg trockengelegt und parzelliert werden.1 1884 war die Donauregulierung schließlich abgeschlossen, wodurch eine längerfristige Bebauung des Gebietes ermöglicht wurde.
Erdberg
In Erdberg wurde ab der der zweiten Türkenbelagerung Obst und Gemüse angebaut (auch Milchwirtschaft und Weinanbau betrieben),2 wodurch die Haupterwerbsbauern mit ihren sog. Erdberger Küchengärten einen wichtigen Teil zur Versorgung Wiens beitrugen. Fuhrwerker3 ließen sich nieder und vor allem auch die Gerber, Abdecker oder Wasenmeister, Leimsieder und die Fleischhauer mit ihren öffentlichen Schlagbrücken, siedelten wegen der Unreinlichkeit ihrer Gewerbe am Rande der Stadt.4
Durch die spätere Eingemeindung der Vororte rückten diese Gewerbe und weitere im 19. Jahrhundert folgende Betriebsansiedelungen wie eine Teerfabrik, Tierkörperverwertung, die Simmeringer Waggonfabrik, die Zünderhütte, Fleischselcher und natürlich Schlachthöfe und einige mehr, an die Außengrenzen.
St. Marx
Die ursprüngliche Kapelle der Kirche St. Marx stand an einer alten Römerstraße, der späteren St. Marxer Linie (der heutigen Simmeringer Hauptstraße), die als Reise- und Handelsroute diente.
In dem höher gelegenen Gebiet St. Marx entstand auf Grund der Stadtgrenzen und des Reiseverkehrs im Laufe von Jahrhunderten einer der größten Viehmärkte und Schlachtstätten Europas – der 1884 eröffnete Central-Viehmarkt.5
1.2. Die Anfänge der Schlachthöfe
Die Kirche und das St. Marxer Tor entwickelten sich nicht nur zur Zoll- und Einlassstelle an der östlichen Stadtgrenze, sondern auch bald vom Siechenhaus (Infektionskrankenhaus) zur vergrößerten Spitals- und Versorgungshausanlage.
Die immer öfter in die Stadt mitgebrachten Nutztiere mussten versorgt, untersucht und eventuell geschlachtet werden. Durch diese Kette an Notwendigkeiten entstand ein (1797 gegründeter) Viehmarkt mit Notstallungen6 und einem Ochsenstand7 knapp außerhalb der östlichen Stadtgrenze.8
Mitte des 19. Jahrhunderts (1846-48) entstand der erste, größere Schlachthof an der Hohlweggasse und wurde durch spätere Erweiterungen zb. den noch heute stehenden und alternativ genutzten Rinderhallen (1878-1884) stark vergrößert.
In den 1860er Jahren wurde die Kirche demoliert und das Spitalsareal an den bisherigen Pächter der Spitalsbrauerei Adolf Ignaz Mautner verkauft.9
Durch die Eingemeindung der Vorstädte und starkem Bevölkerungszuwachs10 stieg der Schlachtviehbedarf rasant an. Im Besonderen war der Bedarf an Schweinefleisch durch die zu klein gewordene Schweineschlachtabteilung am Zentralviehmarkt erhöht.
Ebenso wurden erweiterte tierärztliche Untersuchungen hinsichtlich zahlreicher Haus- und Nutztierseuchen11 und die Umsetzung neuer Hygienemaßnahmen durch „[..] die Erfolge [..] bakteriologischer Forschung [..]“ benötigt.12
1.3. Das ehemalige städtische Schweineschlachthaus
Für den Bau des neuen Schweineschlachthauses kam ein freigebliebenes, abschüssiges Areal an der projektierten Erweiterung des Landstrasser Gürtels am Ende der Gesamtanlage des Zentralviehmarktes zur Verwendung.
Hier war ursprünglich ein dringend benötigter Seuchenhof geplant, der Bau des neuen Schweinschlachthauses musste vorgezogen werden.
Ing. Max Fiebiger war bereits seit 1900 mit Erweiterungsbauten am Zentralviehmarkt und vielen kommunalen Anlagen in Wien13 betraut und leitete, für das Wiener Stadtbauamt, den Bau des neuen Schweineschlachthauses in den Jahren 1908-10 an der Ecke Baumgasse und heutigem Franzosengraben.
Ab April 19081415 wurde das Terrain (teils mit Ziegeln) aufgeschüttet16 und am Ende der Schweineausladerampe der Schlachthausbahn der neue Schweineschlachthof für 1500 Schweine errichtet.
Der sog. Schlachthauszwang17 wurde zuvor per Gesetz verordnet und die bis dahin üblichen Notstechbrücken oder privaten Schlachtstätten nicht mehr benötigt.18
Die Anlage wurde nach dem deutschen System errichtet. Das heißt, dass Arbeitshallen und -räume nicht baulich voneinander getrennt sind – im Gegensatz zum französischen System19 Üblicherweise wurden Schlachthöfe in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht nur nach hygienischen Grundsätzen „sondern auch nach betriebstechnischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten geplant; die Verwaltungsgebäude wurden meist an eine öffentliche Straße gelegt.“20
Im hinteren Bereich des Schlachthofes befanden sich die Stallungen, die an die Schlacht-und Arbeitshalle mit Stechbuchten, Brüh- und Enthaarungsplätzen angeschlossen waren. Die Kadaver konnten durch das neuartige21 Schwebebahnsystem transportiert werden, ohne sie abnehmen und umladen zu müssen. Die neuen Kühlanlagen und die Fortschritte der Kältetechnik stellten eine bedeutsame Neuerung zur sicheren Versorgung der Bevölkerung dar.22
Die Gebäude
Das damalige wie heutige Verwaltungsgebäude beherbergte Büros, Küchen und vor allem Wohnungen für Schlachthausleiter und Tierärzte, die ständig vor Ort waren.
Die sog. Sterilisierungsanstalt unterteilte sich in diverse Arbeitsräume, Selch-, Pökel- und Kühlkammern sowie eine Freibank. Die Pökel- und Kühlanlagen befanden sich im Keller, der ebenfalls mit einem Schwebebahnsystem und 2 Lastenaufzügen ausgestattet war. Beides ist heute noch erhalten.
In diesem Trakt wurde Fleisch, das schwachfinnig25 war oder von seuchenverdächtigen, kranken oder verunfallten Tieren stammte, sterilisiert und gesondert in der Freibank, der Verkaufsstelle, verkauft.
Der übliche Schlachtbetrieb kam mit der Sterilisierungsanstalt nicht in Berührung.
Die heutige große Konzerthalle (links der ursprünglichen Kühlhalle) beherbergte das sehr großzügig angelegte Kessel- und Maschinenhaus sowie Lager- und Arbeitsräume. Bereits bei der Bauplanung wurde eine mögliche Vergrößerung der Maschinenräume, sowie auch des gesamten Geländes angedacht.26
Rechts der Kühlhalle befanden sich Räume für Meister, Gesellen und Aufseher, und Nassräume. Das heutige „Beisl“.
Die Kühlhalle, die heute nicht mehr vorhanden ist,27 bestand aus zwei Hallen, die abwechselnd mit Brunnenwasser und durch eine CO2-Kältemaschine vorgekühlt und gekühlt wurden. Das Kühlwasser, der Abdampf und das Kondensationswasser wurden dem Betrieb wieder zugeführt.
Der Schornstein/Schlot wurde bauzeitlich von der renommierten Wiener Firma Ludwig Gussenbauer28 errichtet.
Kunstgeschichte
Das Gebäudeensemble besteht aus ein- und mehrgeschossigen, profanen Sichtziegelbauten als vereinfachte Ausläufer der romantisch historistischen kommunalen und Industriebauten der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Die Hoffront des Verwaltungsgebäudes zeigt einen 3-geschoßigen Sichtziegelbau mit stark vorspringendem, zweiachsigen Mittelrisalit mit Segment– und Rundbogenfenstern und „betont giebelartiger Überhöhung“29 mit kaminkopfartigen Eckpfeilern in der Attikazone.
Der Arena-Fries, der durch 45° über Eck gestellte Ziegel in 3 Reihen ein stilisiertes Blumen- oder Kreuzmuster zeigt, befindet sich in der Frieszone unter der Dachkante.
Das Kessel- und Maschinenhaus zeigt an der heutigen Eingangsfront, den sakralen Charakter einer Basilika, einer mehrschiffigen, profanen Halle, die europaweit häufig an Kommunalbauten, Industriebauten, auch Schlachthöfen, zu finden ist. Der Arena-Fries und zinnenartige Aufsätze sind hier besonders markant.
Die Original-Schriftzüge „Kesselhaus“ und „Maschinenhaus“ sind heute noch erhalten.
Vorbilder lassen sich vor allem in dem fast zeitgleich erbautem Pferdeschlachthaus in Favoriten erkennen, auch wenn sich hier der besagte Arena-Fries, der dem Kreuzverband von Klinkermauerwerken ähnlich ist, nicht wiederfinden lässt.
Trotz des Variantenreichtums von Ziegelfriesen ließ sich der vergleichbar einfache Arena-Fries bislang noch nicht nachweisen. Beispiele: Brügge, Gent, Hamburg und Wien.
Das Wiener Stadtbauamt war verantwortlich für die Entwürfe, deren Planung und Bauablauf. Oft nicht namentlich genannte, angestellte Architekten30 und weitere Positionen wie Bauinspektoren, -ingenieure, -leiter, -meister waren an dem Bau beschäftigt.
Einige Hinweise31 schreiben den Gesamtentwurf Max Fiebiger zu, der nicht als Modernist32 bekannt war.
Die Gebäude erlitten Bombentreffer im 2. Weltkrieg und wurden anschließend wieder aufgebaut bzw. teilweise durch einfachere Gebäudeabschnitte ersetzt.
2. DIE BESETZUNG – Der Widerstand
2.1. Die Kontumazanlage – die „alte Arena“ – erste Umnutzungsideen
Die Kontumaz- bzw. Quarantäneanlage an der Döblerhofstraße (schräg gegenüber des Schweineschlachthofes an der heutigen Autobahnauffahrt) wurde 1916-22 ebenfalls vom Wiener Stadtbauamt errichtet und bestand aus einer großen Zahl an einzelnen Gebäuden.
Besetzung der Festwochen-Arena 1976
Das später als Auslandsschlachthof bezeichnete Areal wurde bereits 1975 und 1976 für das Jugendprogramm34 der Wiener Festwochen genutzt.
Am letzten Tag der Veranstaltungen – am 27. Juni 197635 – wurde das Gelände mit einer Forderung zur Errichtung eines selbstverwalteten, subventionierten36, permanenten und ganzjährigen Kulturbetriebes für Alle besetzt. 373839
Zahlreiche Proteste, Unterschriftensammlungen und Verhandlungen mit der Stadt Wien begleiteten die 3monatige, letztlich erfolglose Besetzung. Das Gelände war verkauft und abgerissen worden.
Zum Verkauf des Auslandsschlachthofes und zum Ende der Schlachthöfe
Bereits ab Mitte der 60er gingen die Lebendanlieferungen stark zurück und durch neue Vorschriften die „Lebensmittel- und Schlachthygiene“ betreffend, wurden beide Schlachthöfe40 bereits Mitte der 70er Jahre geschlossen. 1997 wurden dann auch die Schlachtungen am Zentralviehmarkt beendet.41
Alternativpläne wurden mit der Stadt Wien ausgearbeitet42 und nach 2 abgelehnten Angeboten (darunter das Schloss Neugebäude), nahmen die Besetzer und Besetzerinnen das vorgeschlagene Areal der heutigen Arena mit der Bedingung der Übernahme der Umbaukosten der desolaten Anlage an.43
2.2. Konzepte für einen autonomen Kulturplatz
Sehr rasch entstand ein umfassendes Konzept für ein ganzheitliches, soziales, integratives Kulturzentrum mit dem Ziel der Demokratisierung der Kultur44, mit Beteiligung verschiedener Personen- und vor allem sozialer Randgruppen.
In der kurzen Zeit der Besetzung, im Sommer 1976, wurde das Areal in einen kulturell und sozial vielseitigen Ort mit dorfähnlichem Charakter verwandelt.
Zahlreiche Einrichtungen wie Theater, Frauencafé, Teehaus, Küche, Galerie, Kinderhaus etc. wurden schnell installiert.
Alle, ob obdachlose Kinder oder kunstinteressierte Jugendliche, wurden aufgenommen. Ein umfassendes Konzept für das neue, vorgeschlagene Areal wurde erarbeitet und beinhaltete Einrichtungen zur kulturellen und sozialen Versorgung Wiens.
Heute steht nur noch ein kleiner Teil des ursprünglich zu adaptierenden Gebietes.
2.3 Industrieanlagen im Wandel
Vor allem in Deutschland gibt es seit den 1960er und va. 1970er Jahren zahlreiche Beispiele an kulturellen Umnutzungsforderungen historischer, stillgelegter Industrieanlagen.45 Nach den Wirtschaftskrisen 1966/67 und 73/74 hatten „aufgegebene Industriebauten das Stigma des wirtschaftlichen Versagens“46, doch die sozialen Bewegungen – oft durch Bürgerinitiativen47 – erkannten darin das Potential zur Definierung eines neuen Kulturbegriffes48 mit Symbol- und Vorbildcharakter.
In den USA gibt es diese Bewegung bereits seit den 50er Jahren.49
In Deutschland finden ab den 1990er Jahren häufiger Unterschutzstellungen mit anschließenden Umnutzungen statt, „[..],um spezifische stadträumliche und kunsthistorische Qualitäten eines Industriebaus zu erhalten und damit die Identität ihres Quartiers oder Stadtteils zu wahren“50. Diese Tendenzen lassen sich auch aktuell und europaweit beobachten.
Auch für das heutige Arena-Areal wurden rasch ähnliche Ideen zur Umnutzung entworfen.
3. DER VEREIN – Der Neubeginn 3.1. Einzug in die „neue“ – die heutige – Arena
Die Schlüsselübergabe und der Einzug in die „neue“ Arena fand 1 Jahr nach der Besetzung, 1977 statt.
Dr. Dieter Schrage, der damalige Direktor des 20er Hauses wurde erster engagierter Obmann des neuen Vereins Forum Wien Arena.
Zahlreiche Umbauten und Instandsetzungen wurden durchgeführt, einige Gebäude abgerissen und der hintere Teil des Geländes an eine Kühlfirma vergeben.5152
1980 begann der regelmäßig und durchgehend bis heute geführte Veranstaltungsbetrieb.53 Bereits zu Beginn engagierten sich nationale und internationale Künstler und Künstlerinnen 54.
3.2. Moderne Adaptierungen
Der Umbau der Großen Halle (des ehem. Kessel- und Maschinenhauses ) und des Open Air Geländes (dem Platz der ehem. Kühlhalle) wurde vom Wiener Architekturbüro Rataplan 1994-2004 konzipiert und umgesetzt.
Das Open-Air-Gelände wurde abgegraben, eine moderne, große Bühne gebaut und mit technischen Einrichtungen und Publikumsinfrastruktur versehen.
Zahlreiche Veranstaltungen im sozialen und kulturellen Bereich wurden in der Arena initiiert. Zum Beispiel: – Das Arena Open Air Kino gibt es seit 1990 als das erste Wanderfreiluftkino „Volxkino“ ins Leben gerufen wurde. Bis 2012 kamen dafür zwei Filmprojektoren aus den 1920er Jahren zum Einsatz.56 – Benefizfestivals wie „Bock auf Kultur“ und „Nacht gegen Armut“ mit Patti Smith von der Volkshilfe Wien – Deutschkurse des Vereins „You are welcome“
– Sportveranstaltungen (Red Bull Parcourlauf, Blue Tomato Snowboard Event) – Verwendung als Drehort – Lehrlingsausbildung im Bereich Veranstaltungstechnik – Ausstellungen, Theater, Konzerte, Lesungen
3.3 Denkmalschutz und eigener Antrieb
Das gesamte Gelände wurde auf Grund von gegebenem öffentlichen Interesse vom Bundesdenkmalamt Wien 1997 unter Schutz gestellt und einige Besonderheiten im Bescheid festgehalten. Nicht nur die wirtschaftshistorische Bedeutung, sondern auch die Industriebauweise mit ihren weitgehend vollständig erhaltenen Sichtziegelfassaden werden darin betont.
„Die Gebäude des ehem. Schweineschlachthofes stellen mit ihren typischen und weitgehend vollständig erhaltenen Sichtziegelfassaden eine bereits selten gewordene Form dieser Industriebauweise aus dem Ende des 19. Jahrhunderts bzw. Anfang des 20. Jahrhunderts in Wien dar und sind daher architekturgeschichtlich von besonderer Bedeutung. Der Schweineschlachthof dokumentiert [..] einen bedeutenden Bereich der Wirtschaftsgeschichte Wiens um die Jahrhundertwende.“ Auszug aus dem Feststellungsbescheid nach §2 von 1997
Das Gelände des ehem. neuen Schweineschlachthauses ist kein (Freilicht-)Museum, sondern ein lebendiges Denkmal zur Stadtgeschichte, das ganzjährig benützt wird. Der Verein ist bestrebt so weit als möglich den Ensemble-Charakter des ehem. Industriegeländes, auch in seinen Einzelteilen zu bewahren und in den Betrieb zu integrieren. Beispielsweise wird nachts die fehlende Pförtnerhausuhr an ihre Originalstelle projeziert, ein alter Aufzugsmotor durch Beleuchtung in den Gastraum integriert oder neue Beeteinfriedungen mit dem Arena-Fries versehen.
Die Besonderheit und Notwendigkeit des Fortbestands des Areals und des Vereins zeigt sich auch durch die gelungene Integration in das gesellschaftliche Leben, die Anerkennung der Bevölkerung, sowie (mittlerweile) aller politischen Parteien57.
Seit einigen Jahren bemüht sich der Verein auch verstärkt um Vermittlung seines eigenen industriekulturellen Erbes durch Ausstellungen und Führungen, die teilweise in Zusammenarbeit mit dem österreichweiten Tag des Denkmals, organisiert vom Bundesdenkmalamt Wien, veranstaltet wurden.
Der breiten Öffentlichkeit ist nur die Geschichte der Besetzung und tw. die Entstehung des heutigen Areals geläufig. Auch das Forschungs-, Ausstellungs58– und Publikationsinteresse59 bezieht sich zur Zeit ausschließlich auf die ereignisreiche Protestbewegung. Das Interesse des Publikums an der gesamten Geschichte ist allerdings vorhanden. Genauso wie die Bereitschaft des Vereins seine Geschichte zu wahren, weiter zu forschen und zu vermitteln.
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Anmerkung der Redakteurin:
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Der Artikel stellt einen sehr kleinen Auszug aus bisher 11-jähriger Forschungsarbeit dar.
Fußnoten/Quellen:
1 Festschrift, 100 Jahre Wiener Stadtbauamt, 1835-1935, Wien 1935, S. 126 f. 2 Geschichte derVorstädte und Freygründe Wien, Wien 1812, S. 21 3 https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Erdberg_(Vorstadt), am 09.01.24 um 13:51 4 Geschichte derVorstädte und Freygründe Wien, Wien 1812, S.12 5 https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Zentralviehmarkt 6 Geschichte derVorstädte und Freygründe Wien, Wien 1812, S. 30 7 Festschrift, 100 Jahre Wiener Stadtbauamt, 1835-1935, Wien 1935, S. 173 8https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/St._Marx, am 08.04.24 9 https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Brauhaus_St._Marx, am 09.01.24 und 1857, https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/St._Marx, am 09.01.24 10 Bevölkerungsentwicklung lt. Statistik Austria, in:http://www.carookee.de/forum/Kleeblattforum.carookee.com/33/21583648-0-01105?p=1 11 Milzbrand, Roßwurmkrankheit, Räude, Wutkrankheit, Schweinerotlauf, Schweinepest und Geflügelcholera, in: Stadt Wien, Die Gemeindeverwaltung der k.u.k. Reichhaupt- und Residenzstadt Wien im Jahre 1908 VVII., Bericht des Bürgermeisters Dr. Karl Lueger, Verlag Gerlach und Wiedling, Wien 1910, S.249 – im WSTLA 12 Walter, Uli, Schlachhof und öffentliche Gesundheit. Zur Kultur- und Baugeschichte von Schlachthäusern seit dem Mittelalter, in: Jahrbuch der bayerischen Denkmalpflege, Band 54/55, 2000/2001, München 2006, S.73-79, hier S. 77 13 Ab 1912 wurde er zum städtischen Baurat und zum Leiter der Hochbauabteilung ernannt, von 1920-25 war er als Stadtbaudirektor tätig und baute zahlreiche Schulhäuser und Kindergärten, Schweinemastanstalten, Kühlhallen, Schlacht- und Seuchenhöfe, Straßen, Kanäle, erweiterte die Hochquellenwasserleitung. Übriggeblieben Gasbeleuchtung wurde durch elektrische Lampen modernisiert. Ebenso war er an Bauprogrammen zur Schaffung von Kleinwohnungen beteiligt. In: Festschrift 1935, S. 52/53 14 Stadt Wien, Die Gemeindeverwaltung der k.u.k. Reichhaupt- und Residenzstadt Wien im Jahre 1908 VVII., Bericht des Bürgermeisters Dr. Karl Lueger, Verlag Gerlach und Wiedling, Wien 1910, S.254 – im WSTLA 15 Die Entwurfsphase begann bereits einige Jahre zuvor, Auftragserteilung 1905, in: WSTLA, Inhaltsverzeichnis für das Amtsblatt der k.u.k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien, XIV. Jahrgang, Gesetze, Verordnungen und Entscheidungen, Nr. 51 am 28. Juni 1910, Wien 1905; S.1056, Protokoll 5420 und S. 1358 Protokoll 7591(tgl. 600 Schlachtungen) 16 Stadt Wien, Die Gemeindeverwaltung der k.u.k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien im Jahre 1908 VVII., Bericht des Bürgermeisters Dr. Karl Lueger, Verlag Gerlach und Wiedling, Wien 1910, S. 254 – im WSTLA 17 In Wien 1873, in: https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Schlachtbetriebe, am 12.11.23, 13:02 – auch in Deutschland übrigens → in Walter, Uli, Schlachthof und öffentliche Gesundheit, 2006, S. 75 18 Wiener Zeitung, 15.06.1910, S. 7 19 Walter, Uli, Schlachthof und öffentliche Gesundheit, 2006, S. 73-79, hier S. 78 20 Ebenda 21 Seit 1903 laut: Ebenda 22 Ebenda 23 Wasch-, Umkleide-, Koch, Desinfektions-, Zerteilungs- und Untersuchungsraum 24 mit Warte- und Verkaufsraum und eine Kanzlei 25 = mit Bandwurmlarven besetztes Fleisch, das aber „genusstauglich“ gemacht werden kann. 26 Das neue Schweineschlachthaus im III. Bezirke, Wien Magistrat, 1910 27 Bombentreffer 2. WK, Wiederaufbau, 1977 noch vorhanden 28 Dampfrauchfang und Kesseleinmauerung L. Gussenbauer und Sohn“, in: Das neue Schweineschlachthaus im 3. Bezirke in Wien, Verlag des Magistrates der Reichshaupt- und Residenzstadt Wien, 1910; ohne Seitenangabe 29 Bescheid Bundesdenkmalamt Wien 30 Magistratspublikation Schweineschlachthaus 1910, keine Nennung des Architekten. 31 Technischer Führer durch Wien, herausgegeben vom österreichischen Ingenieur- und Architektenverein, redigiert von Ing. Dr. Martin Paul, Stadtbauinspektor, Verlag von Gerlach & Wiedling, Wien 1910, S. 237
Martin Paul war Stadtbauinspektor und hatte keinen aktuellen Bauplan als Abbildung verwendet. 32 www.architektenlexikon.at/de/135.htm, 16.11.23 33 https://sammlung.wienmuseum.at/suche/?people=p16477, 24.11.23 34 In: Gustav Ernst, Arena Dokumentation, Wespennest, Zeitschrift für brauchbare Texte Nr. 23, Wien, Juni 1976, S. 4 35 Rosemarie Rauscher, Politik im Underground, Wien 1998, S. 28 36 Arbeiterzeitung, 29.06.1976, S. 9 37 Einer der Studenten war wohl Leiter des Wiener Architekturzentrums. In: http://derstandard.at/2492068, 22.04.24 38 Verena Kövari, Die Arena, Alternativkultur im Wien der 1970er Jahre, Wien 1997, S. 40 39 Kövari, S. 25 40damalige Auslands- und Inlandsschlachthöfe – Schweineschlachthaus am 21.6.76, in: Magistrat der Stadt Wien [Hrsg.], Die Verwaltung der Stadt Wien 1976, Wien 1977, S. 218 41 Magistratsabteilung 53, Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 16.12.1997 – Letzte Rinderschlachtungen in St. Marx 42 Rauscher, S. 49 f. 43 Kövari, S. 64 44https://www.schlachthof-kassel.de/das-zentrum/geschichte, 16.11.23 45 Winkelmann, Arne, Kulturfarbiken, Zeichenwandel der Fabrik in der freien Kulturarbeit, Berlin 2006, S. 33f 46 Winkelmann, S. 16 47 Winkelmann, S. 77 48 Winkelmann, S. 8 49 Ebenda 50 Winkelmann, S. 77 51 Vermutlich die Schweineschlachthalle, Pläne Stadtarchiv Wien 52 Rauscher, S. 107 und 104 53 Rauscher, S. 116f. 54 In den ersten 10 Jahren: Peter Turrini, Peter Weibel, Harry Stojka, Drahdiwaberl, Lukas Resetarits, Wolfgang Ambros, Georg Danzer, Hans Thessink, Hubsi Kramar, Willi Resetarits, Johnny “Guitar” Watson, Nazareth, Bad Religion, Van Morrison, George Clinton, Nick Kamen, John Lee Hooker (1991), Little Richard (1991 etc. später dann Nirvana (14.11.1991) etc Theater von Oskar Kokoschka, Gottfried Helnwein Ausstellung bei der Besetzung: auf dem Arena-Plakat 10.07.1976 55http://www.rataplan.at/ 56 Von “Kino-Alfred” 57 Rathauskorrespondenzen 58 Ausstellung Wien Museum – Katalog „Nussbaumer, Martina, Schwarz, Werner Michael [Hrsg.], Besetzt!, Kampf um Freiräume seit den 70ern, Wien 2012“ 59 keine Publikationen, nur div. universitäre Arbeiten, wie Diplomarbeiten, Dissertationen etc
Die Staatlichen Kraftfahrbetriebe waren zu Beginn der 1920er Jahre in Wien III., Juchgasse 27, untergebracht [1]. Bei dem Gelände handelte es sich um das nachgenutzte Grundstück des 1850 errichteten k.u.k.Militär-Reitlehrer-Instituts, also um eine Fläche in Staatsbesitz [2].
Das vorliegende Foto, datiert mit 27.04.1923, zeigt ein Gruppenfoto vor einem wohl neu übernommenen Wagen der Staatlichen Kraftfahrbetriebe [3].
Ein Zusammenhang des abgebildeten Lastkraftwagens mit dem BgBl. f. d. Republik Österreich, 72. Stück, 14.06.1922, 324. und 325. Gesetz, scheint nicht ausgeschlossen [4]:
“324. Gesetz: Anschaffung von zehn Stück Omnibuswagenkasten für die staatlichen Kraftfahrbetriebe”
“325. Gesetz: Anschaffung von 10 Fahrgestellen und 2 Akkumulatorenbatterien für die staatlichen Kraftfahrbetriebe”
Anno 1929 firmirte an der Adresse Juchgasse 27 bereits die Postkraftfahrleitung. Die Postkraftwagenwerkstätte war damals im [heutigen] 22. Bezirk, Erzherzog-Karl-Straße 135, untergebracht [5].
1938 war an der Identadresse Ungargasse 69 / Juchgasse 27 die Betriebsleitung der Österreichischen Kraftpost sowie deren Paketwagengarage, Elektrogarage, Überlandgarage und die Hauptwerkstätte stationiert [6].
Zur weiteren Geschichte der Postbusse in Österreich siehe Quelle [7].
Quellen:
[1]…Kartenbrief, frankiert mit Vordruckmarke Deutschösterreich 1 1/2 Kronen, adressiert an Fräulein Melly Swodoba in Wien III., Staatliche Kraftfahrbetriebe, Juchgasse 27 (17.12.2023)
Fünf Gewerbefotos um 1960 [1] der 1948 gegründeten [2] Likör-und Getränkefabrik Johann Weiss, Standorte:
Zentrale Wien 3., Keilgasse 2
Filiale Salzburg, Linzer Bundesstraße 35
Auf den Wiener Portraits posiert ein offensichtlich kriegsversehrter Mann – wohl der Senior-Chef – teils mit Belegschaft vor einem Opel Blitz-Pritschenwagen (Baureihe 1952-1960) [3] und im Innenhof der Wiener Zentrale, wo hölzerne Getränkekisten und Fässer gelagert werden.
In Salzburg werden von zwei jüngeren Angestellten die Fassade und die Geschäftsauslage präsentiert: Johann Weiss – Liköre – Weine – Fruchtsäfte-Rum-Edelbrände-Weine-Sekt-Wermut
Im Folgenden die relevanten Nachweise aus einschlägigen Branchenverzeichnissen:
1953 [5]: Johann Weiss – Likör-, Fruchtsaft-, Wermut-, Dessertwein- u. Spirituosenerzeugung, III., Keilgasse 4
1972: Kein Eintrag “Johann Weiss” für Likör- [6] und Fruchtsafterzeugung [7].
Die ehemalige Zentrale in der Wiener Keilgasse zeigt sich anno 2023 kaum verändert; in Salzburg befindet sich statt der Filiale und dem Caféhaus eine Raiffeisenbank-Filiale [4].
Quellen:
[1]…4 Fotos und eine Fotopostkarte L&H, Ch.-Nr. 78744, um 1960, Eigentum Archiv schlot.at (2023)
[2]…Compass-Verlag (1959): Industrie-Compass Österreich 1959, S. 1739
[5]… Amtliches Telephonbuch Wien 1953, II. Teil: Berufs- und Branchenverzeichnis, Post- und Telegraphendirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, S. 503
[6]…Amtliches Telefonbuch Wien 1972, Berufs- und Branchenverzeichnis, Post- und Telegraphendirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, S. 601
schlot.at zeigt fünf wesentliche Ausschnitte und einige Primärinformationen aus der 1903 erschienenen Monographie über die ersten beiden Elektrizitätswerke der Stadt Wien [1].
Die beiden unmittelbar nebeneinander situierten Kraftwerke wurden aus strategischen Gründen (Bahnanbindung, Kühlwasser) am unteren Donaukanal an der Simmeringer Lände errichtet. Sie dienten der Erzeugung von Lichtstrom (Lichtwerk, kleinerer östlicher Block) und der Energie für den damals neu eingeführten Betrieb der elektrischen Straßenbahnen (Bahnwerk, größerer westlicher Block).
Da das auf etwa 157,5 m Seehöhe gelegene Terrain hochwassergefährdet war, wurde der Werkplatz vor Kraftwerkserrichtung ca. 2 m hoch angeschüttet.
Das Areal wurde durch eine ca. 1300 m lange Schleppbahn an die Schlachthausbahn angeschlossen, auf welcher im Zuge der Errichtung die Maschinen und Kessel, später die zum Betrieb nötige Kohlenmengen transportiert wurden.
Die wesentlichen Einrichtungen am Gelände waren:
Bahnzentrale (Maschinenhalle, Kohlenschuppen und Kesselhaus mit zwei Schornsteinen)
Lichtzentrale (Maschinenhalle, Kohlenschuppen und Kesselhaus mit zwei Schornsteinen)
zwei Pumpenstationen
Werksverwaltungsgebäude
zwei Wohnhäuser
Kantine
Die Kohle wurde auf den zwischen den Zentralen verlaufenden Werksgleisen angeliefert. Die Waggons wurden einzeln über eine nördlich der Anlage gelegene Schiebebühne zu einem der Blöcke transportiert und mittels Waggonaufzug über den jeweiligen Kohleschuppen gehoben.
Mit der Verbrennungswärme der Kohle wurde das aus dem Donaukanal gepumpte Wasser erhitzt und der daraus entstehende Dampfdruck über Dampfmaschinen auf Drehstromgeneratoren geleitet. Die im Bahnwerk verbauten fünf Dampfmaschinen leisteten je 3400 – maximal 4200 PS. Die Leistung der installierten Drehstromgeneratoren betrug je 2000 – 2500 kW.
Die je 65m hohen Schornsteine wurden aufgrund ihres hohen Gewichtes von je 3806 t und den daraus zu erwartenden Setzungen nicht in den Gebäudeverbund integriert. Sie standen 12 m vor der Stirnseite der Kesselhäuser entfernt. Die Rauchkammern in den Sockeln hatten Durchmesser von 4,78 m und waren auf 9 m Höhe mit Schamotteziegeln ausgekleidet. Die Schäfte der Kamine waren aus mehrfarbigen Ziegeln ausgeführt. Die Mündungen der Schlote hatten Durchmesser von 3,8 m.
Der ehemalige Kraftwerksstandort wurde im Laufe des 20. Jahrhunderts modernisiert und bedeutend erweitert, ab anno 1970 wurde die Kohlefeuerung beendet [2].
Die hier beschriebenen Kraftwerksblöcke sind abgetragen; das Werksverwaltungsgebäude im Nordwesten des Areals besteht noch [3].
Quellen:
[1]…Stadtbauamt Wien (Hrsg., 1903): Die städtischen Elektrizitäts-Werke und die Anlagen der elektrischen Straßenbahnen in Wien; in Kommission bei Wilhelm Braumüller, Wien, 179 S.
[2]…HATZL-BANDEL , H. (1989): Wiener Stadtwerke, Compress Verlag, Wien, S. 125 ff
[3]…Stadtplan Wien, 28.10.2023
Fotografie [1] der Brotwerke Wickenhauser, Hernalser Hauptstraße 125, um 1925. Beachtenswert sind die hohen, vertikal gegliederten Fenster, die einen relativ großen Eintrag von Tageslicht gewährleisten. Der geschmackvoll gestaltete Art-Deco-Schriftzug aus Versalien rundet den Industriebau architektonisch ab.
Die Aufnahme zeigt anscheinend den Innenhof der Liegenschaft, wo mehrere Fässer und Großgebinde gelagert sind.
Auffällig ist ein retuschierter Bereich links am Foto; über dem links stehenden Ölfass wurde ein schräg überdachtes Lager durch graphische Anpassung an die dahinter befindliche Wandstruktur getarnt.
Der Erstnachweis des Betriebs datiert mit 1908 [2]: Wickenhauser Johann, Bäckergewerbe und Gemischtwarenverschleiß, XVII/3, Hernalser Hauptstraße 125.
1942 ist der Eintrag auf die Bezeichnung „Bäckerei“ reduziert [3]: Wickenhauser Johann, Bäckergewerbe XVII, Hernalser Hauptstraße 125. Inhaber Josefine Doujak.
Der Letztnachweis liegt derzeit im Jahr 1953 [4]: Wickenhauser Johann, Schwarz-, Weiß- und Feinbäckerei, Wien XVII, Hernalser Hauptstraße 125.
Quellen:
[1]…Fotografie von H. KATZER, Wien XVII, Kulmgasse 43. Eigentum Archiv www.schlot.at (2022)
[2]…Adolph Lehmann’s allgemeiner Wohnungs-Anzeiger : nebst Handels- u. Gewerbe-Adressbuch für d. k.k. Reichshaupt- u. Residenzstadt Wien u. Umgebung, 1908, Band 1, S. 447
[3]…Wiener Adreßbuch 1942 (ohne letzte Eingemeindung), 83. Jahrgang, Erster Band, Verlag August Scherl Nachfolger, Wien, S. 79
[4]…Allgemeines Telephonbuch von Wien 1953, II. Teil: Berufs- und Branchenverzeichnis; Post- und Telegraphenverwaltung, Wien, S. 71
Fotopostkarte [1] der in Wien Favoriten, Siccardsburggasse 4 [2-4] etablierten „Canada“ Tiefbohrgeräte- und Maschinenfabrik Ges.m.b.H. [2].
Die geschmackvoll gestaltete Fassade weist einen integrierten stilisierten Bohrturm mit Firmenschriftzug und Bergbausymbol (gekreuzte Hämmer) auf.
Erzeugnisse und Basisdaten:
1925: Bohrwerkzeuge für Rohölgruben, „Goliath“ Steinbrecher (Patent Hopf), Sandwalzwerke etc.; 90 Arbeiter, elektrischer Betrieb [2]
1959 und 1976: „Canada“ Tiefbohrgeräte- und Maschinenfabrik Ing. S. Nadel und A. Nadel; Tiefbohrgeräte für Rohölgruben, Rotary-Spezialitäten etc.. [3,4]
1994: „Canada Tiefbohrgeräte- und Maschinenfabrik Gesellschaft m.b.H.; Wien Favoriten, Doerenkampgasse 3.Erzeugung und Vertrieb von Geräten für die Erdölförderung und Erzeugung von Bohrlochanschlüssen. 69 Beschäftigte, Umsatz öS 150 Mio. [5]
Das Unternehmen befindet sich laut Quelle [6] seit 2021 in Liquidation.
Quellen:
[1]…Echtfotopostkarte, wohl verspätet gelaufen 1965, Sammlung MARSCHNER, Gießhübl (2022)
[2]…Compass-Verlag (1925): Industrie-Compass Österreich 1925/26, S 525
[3]…Compass-Verlag (1959): Industrie-Compass Österreich 1959, S 828
[4]…Compass-Verlag (1976): Industrie-Compass Österreich 1976, S 793ff
[5]…Creditreform (1994): Österreichs Unternehmen 1994/95. Die Wirtschaftsdaten der größten 20.000, S 1209
Ansicht der Benzinfabrik Gustav KOENIG&Co, um 1910. [1]
Das ehemalige Betriebsgelände der Firma Mobil befindet sich rund 3,5 km nordöstlich der Alten Donau in der Wiener Katastralgemeinde Kagran. Im Westen grenzt an das rund 10 Hektar große Gelände die nördliche Linie der Ostbahn, im Norden die Breitenleer Straße und im Süden der Gewerbepark Stadlau an. Die östliche Grenze bildet der Zwerchäckerweg [2].
Auf dem ehemalige Betriebsareal wurden von der Firma Mobil Oil Austria AG sowie deren Vorgängerfirmen seit dem 19. Jahrhundert Mineralölprodukte raffiniert bzw. umgeschlagen und gelagert. Durch kriegsbedingte Einwirkungen während des 2. Weltkrieges (Beschädigungen der Tankfelder der damaligen Raffinerie durch Bombardements) und Betriebsunfälle kam es insgesamt zu großflächigen Boden- und Grundwasserkontaminationen mit Mineralölprodukten [2].
In Folge von Bombentreffern im Jahr 1944, insbesondere der Tanklager im Südteil des Altstandortes, kam es zur Versickerung von rund 7.000 Tonnen Mineralölprodukt, die sich nach Erreichen der Grundwasseroberfläche entsprechend den örtlichen Grundwasserverhältnissen nach Ostsüdosten ausbreiteten. Im Rahmen der in den 90er Jahren durchgeführten Untersuchungen wurde Mineralöl in Phase am Altstandorte festgestellt. Auch konnte 1990 an Messstellen, die sich etwa 500 m grundwasserstromabwärts des Kontaminationsherdes befanden, noch Mineralöl in Phase festgestellt werden. Insgesamt wurde auf dem Grundwasser aufschwimmende Ölphase bis 500 m im Abstrom angetroffen. [2]
Der Standort ist mittlerweile als „Gesicherte Altlast W6 Mobil“ bekannt [2].
Quellen:
[1]…Briefkopf aus einem Geschäftsschreiben der Benzinfabrik Gustav KOENIG&Co, datiert 1917; Sammlung MARSCHNER, Gießhübl (2022)
Das vorliegende historische Foto [1] zeigt die Straßenfront der 1911 errichteten [2] und 1912 erstmals in Lehmann erwähnten [3] „Austria“-Garage in Wien 5., Nikolsdorfergasse 23. Das Vergleichsfoto stammt vom Autor und entstand im Dezember 2021.
Die Garage stellt sich in Quelle [1] wie folgt dar: „Speziell als Garage erbaut, große, lichte, modernst eingerichtete Betonhallen mit Raum f. 100 Wagen. Tag- u. Nachtdienst, Reparaturwerkstätte. Großes Lager von Autobestandteilen und Pneumatiks. Chauffeurwohnungen (siehe auch Automobil-Garagen und Auto-Reparaturanstalten).“
Die mit Chauffeur und Kindern relativ belebte Straßenszene zeigt auch das Automobil mit dem amtlichen Wiener Kennzeichen AI-2, anno 1914 zugeordnet Prinz Hohenlohe-Schillingsfürst, wohnhaft Wien I., Hofgartenstraße 3 [4]. Die neugierigen Blicke aus dem ersten und zweiten Stock des Wohnhauses gelten wohl dem Photographen.
Die Existenz der Austria-Garage lässt sich anhand zeitgenössischer Branchenverzeichnisse lückenhaft nachweisen; sie wechselte Besitzer und Namen und dient seit Mitte der 1970er Jahre dem Autohaus John als Firmensitz. Im Folgenden ein kurzer steckbriefartiger Abriss ihrer Geschichte:
1925: Austria-Garage, V., Nikolsdorfer G. 23, Telefon 54.538 [5]
1935: Austria-Garage, V., Nikolsdorfer G. 23, Telefon B 22-3-24 [6]
1938: Austria-Groß-Garage Rudolf Schroth, Gloria Gen. Vertretung, V., Nikolsdorfergasse 23. Telefon B-22-3-24 [7]
[3]…Adolph Lehmann’s allgemeiner Wohnungs-Anzeiger: nebst Handels- u. Gewerbe-Adressbuch für d. k.k. Reichshaupt- u. Residenzstadt Wien u. Umgebung, Jahrgang 1912, Band I, S. 864
[4]…Silberer, V. (Hrsg): Die Wiener Auto-Nummern 1914. Verzeichnis der Wiener Automobilbesitzer mit deren Adressen, nach den Erkennungsnummern geordnet. Verlag der „Allgemeinen Sportzeitung“, Wien, S. 24
[5]…Wiener Adreßbuch – Lehmanns Wohnungs-Anzeiger für Wien 1925 – Sechsundsechzigster Jahrgang, Österreichische Anzeigen-Gesellschaft A.-G, Band II, S. 236
[6]…Wiener Adreßbuch – Lehmanns Wohnungsanzeiger 1935 – Sechsundsiebzigster Jahrgang, Österreichische Anzeigen-Gesellschaft A.-G., Band II, S. 61
[7]…Fachregister zum amtlichen Teilnehmerverzeichnis Fernsprechnetz Wien, Ausgabe 1938. Österreichische Anzeigen-Gesellschaft AG, Wien. S 75
[8]…Amtliches Fernsprechbuch Wien, Ausgabe 1943. Telegraphendirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland.
[9]…Amtliches Telephonbuch Wien 1953, II. Teil: Berufs- und Branchenverzeichnis. Post- und Telegraphendirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland.
[10]…Amtliches Telephonbuch Wien 1972, Berufs- und Branchenverzeichnis. Post- und Telegraphendirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, S. 365
[11]…Amtliches Telephonbuch Wien 1975, Berufs- und Branchenverzeichnis. Post- und Telegraphendirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, S. 113.
Zwei Celluloid- [1] und ein Glasplattennegativ [2] zeigen die Belegschaft, das festlich geschmückte Expedit sowie einen Lastkraftwagen der Sodawasserfabriken der Wiener Gastwirte Reg. Gen. m. b. H., Wien VIII,. Lederergasse 25-27 [2].
Das 1895 gegründete Unternehmen beschäftigte anno 1925 ca. 25 Mitarbeiter. Obmann war Heinrich REIN, die Energieversorgung des Maschinenparks wurde durch einen 6PS-Gasmotor und einen 2PS-Elektromotor gewährleistet [3].
Ein Lastkraftwagen der Marke Saurer – wie am Foto mit dem Kennzeichen AXXIV835 abgebildet – scheint auch 1937 mit dem Kennzeichen A62.125 als auf die ggst. Firma zugelassen auf [4].
1959 noch an der selben Adresse firmierend, beschäftigte man etwa 22 Arbeiter. Erzeugnisse waren nun Fruchtsäfte, Limonaden, Almdudler, Sport-Cola und Orella [5].
Das Wiener Branchenbuch 1972 zeigt keinen Nachweis des Unternehmens mehr [6].
[1]…2 Celluloid-Negative 6 x 9 cm, Eigentum schlot.at-Archiv (2022)
[2]…Glasplatten-Negativ 10 x 15 cm, Eigentum schlot.at-Archiv (2022)
[3]…Industrie-Compass Österreich Band I 1925/26, Compass Verlag Wien, S. 864
[5]…Industrie-Compass Österreich 1959, Compass Verlag Wien, S. 1750
[6]…Amtliches Telephonbuch Wien 1972, Berufs- und Branchenverzeichnis. Post- und Telegraphendirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, S. 883
Die Brauerei Nussdorf wurde 1819 gegründet und bestand bis etwa 1950 (Fusionierung mit der Schwechater Brau AG) [1]. Zusammenfassende Artikel zur Brauereigeschichte finden sich in den Quellen [1] und [2]. schlot.at möchte an dieser Stelle nicht wiederkäuen, sondern einige wenig bekannte bzw. bisher unpublizierte Belege des Braugeschehens in Nussdorf zeigen.
1819 wurde im ehemaligen Jesuitenhof, Hackhofergasse 9, die Brauerei gegründet [1].
Wohl aus den frühen 1830er Jahren datiert ein tuschegezeichneter handcolorierter Fassadenplan im Maßstab 1:72 [3], der die straßenseitige Ostfront des noch erhaltenen und denkmalgeschützten Gebäudes [4] zeigt.
1860 zeigt sich das Brauereigelände bereits wesentlich erweitert, wobei die Gebäudeanordnung des obigen Fassadenplans noch exakt erhalten ist [5].
Das mit 1887 datierte Foto einer „Bierhalle Nussdorfer Brauerei/Restauration/Caffeehaus“ [6] zeigt das kurz darauf geschleifte sogenannte Lamberg-Schlössl, an dessen Stelle 1889 der Bahnhof Nussdorf errichtet wurde [7].
Um 1890/1900 datiert das folgende Foto von Darre und Malztennen 8+9 [8].
Der ehemalige Jesuitenhof, die Darre und die Malztennen 8+9 sind auf einer brauereieigenen Postkarte um 1900 gut verortbar [9].
Der bereits 1842 errichtete Nussdorfer Bockkeller [2], ein großer Biergarten mit Aussichtsturm, ist samt Brauerei auf einer 1906 gelaufenen Postkarte abgebildet [10].
Eine Postkarte aus 1909 zeigt die mächtigen Bierhallen der Nussdorfer Brauerei von Osten aus gesehen [11].
Aus der Mitte des 20. Jahrhunderts liegen uns als physische Überbleibsel eine Alka-Kapsel [12] und ein Bierdeckel der Nussdorfer Brauerei [13] vor. Auf letzterem sind die zahlreichen Bierlager in der Umgebung Wiens abgebildet – Klosterneuburg, St. Andrä, Stockerau, Absdorf, Heiligeneich, Königstetten, Tullnerbach, St. Pölten, Obergrafendorf, Mariazell, Krems, Ottenschlag, Gföhl, Ziersdorf, Hollabrunn, Zellerndorf, Eggenburg, Vitis, Gmünd, Heidenreichstein, Litschau.
Bemerkenswert ist, dass nach der Schließung der Nussdorfer Brauerei nach der Fusion mit der Schwechater Brau AG 1950 [2] die am Standort befindliche Mälzerei als eigene juristische Person betrieben wurde: „Nußdorfer Mälzerei Aktiengesellschaft“, Wien XIX, Hackhofergasse 9 (1819). Pächter: Brauerei Schwechat AG [14].
1965 wurde ein Großteil der eigentlichen Brauerei mit Ausnahme des Hauses Hackhofergasse 9 geschleift und neu verbaut [2].
1984 bis 2004 wurde von einem Nachfahren der Brauereidynastie noch „Nussdorfer Bier“ in kleinem Rahmen erzeugt [2].
[1]…Fabriksansicht auf Postkarte, um 1900, Eigentum Ing. Petra MARSCHNER (2021)
[2]…Österreichischer Zentralkataster sämtlicher Handels-, Industrie- und Gewerbebetriebe […]. II. Band Niederösterreich. Erste Ausgabe, Volkswirtschaftlicher Verlag Alexander Dorn, Wien, 1903; S 295
[3]: COMPASS VERLAG (1925): Industrie-Compass Österreich 1925/26 Band I, S.1249
Aufnahme der südöstlich an das Wiener Arsenal angrenzenden ehemaligen Tabakfabrik Favoriten, Blickrichtung SO, Laaer Berg. Die beiden Gebäude im Vordergrund, heutige Arsenalstraße 5, 1030 Wien (Fotostandort und parallel dazu verlaufendes zerbombtes Gebäude) wurden 1905 errichtet [2] und dienten dem damaligen k.u.k. Landwehr-Waffendepot als Verwaltungs- bzw. Magazingebäude [3].
Nach 1918 wurden die Gebäude zur Tabakfabrik Favoriten der Österreichischen Tabakregie umfunktioniert [3] und am Gelände weitere Zubauten, unter anderem 1926 und 1927, errichtet [2].
Dieser erweiterte Gebäudebestand ist auf einem 1935 datierten Luftbild [4] aus anderer Blickrichtung deutlich zu erkennen.
Das oben befindliche Bild [1] zeigt das Ausmaß der 1945 entstandenen Bombenschäden am Gelände der Tabakfabrik.
Aus anderer Perspektive ist ein Kriegsschadensfoto von Carl WINKLER aufgenommen [5].
Teile des Geländes wurden nach dem 2. Weltkrieg noch als Tabakmagazin genutzt [4]. Das genaue Abbruchdatum der Gebäude ist unbekannt [3].
Seltene, mit 1913 datierbare Fotodokumentation aus den 1820 von Alois Miesbach [1], am Standort des ehemaligen Ziegelofens der KKF (K.u.K. Fortifikationsdirektion) [2] gegründeten Wienerberger Ziegelwerken, Standort Wienerberg.
Eine Kurzbeschreibung der Wienerberger-Geschichte sprengt diesen Rahmen und ist kaum objektiv zu bewerkstelligen, weshalb dazu auf mehrere Websites verwiesen wird, die sowohl ökonomische als auch soziale Aspekte beleuchten sollen:
Die vier Fotos vom Wienerberg [3], wohl alle von Gustav GREINER am 08.08.1913 aufgenommen [4], zeigen:
Lehmgewinnung durch auf Feldbahngleisen fahrenden Förderbagger, Lehmtransport in Loren, Trockenschuppen im Hintergrund.
Schlagerin, Schlagtisch mit Lehmhaufen und Anlieferrampe. Der Lehm wurde durch Männer mittels Schubkarren auf den Schlagtisch befördert. Am Foto ist die Befüllung eines Ziegelmodels und das Abziehen des überstehenden Lehmes zu erkennen. Diese Arbeit wurde durchwegs von Frauen durchgeführt.
Alois Miesbach beschrieb um 1840 die Arbeit des Ziegelschlagens wie folgt:
„[…] Hierorts stehen beim Arbeitstische Mann und Weib. Der Mann macht abends den Ton an, während das Weib den Platz putzt und den Sand ausbreitet, indem ohne Einsandeln kein plastischer Ton geformt werden kann. Früh um 5 Uhr wird im Durchschnitt mit der Arbeit begonnen. Der Mann scheibt den Tegel auf den Tisch und das Weib schlägt Ziegel und leert den Model auf den Platz aus. Um 8-9 Uhr wird gewöhnlich gefrühstückt, dann wieder mit der Arbeit fortgesetzt bis 11 oder 12 Uhr, sodaß bis Mittag Mann und Weib 1500 Ziegel geschlagen und auf den Platz gelegt haben. Es haben auch Schlagerinnen täglich zu 2000, ja, was jedoch einzelne Fälle sind, 2500 bis 3000 Stück geschlagen […]“ [5].
Schlagerin, Schlagtisch, Sandkasten, Wassereimer, frisch ausgeschlagene liegende Ziegel mit dem Firmenzeichen des Eigentümers Heinrich v. Drasche [6] im linken Vordergrund, hochkant gestellte Mauerziegel zur weiteren Trocknung (rechts), Aufseher, überdachte offene Trockenhütte zur weiteren Aufbewahrung vor dem Brand.
Alois Miesbach beschrieb um 1840 die am Foto ersichtliche Szene wie folgt:
„Diese auf geebnete Plätze gelegten Ziegel werden, wenn sie halbtrocken sind, auf ihre schmale, lange Seite aufgestellt und dann, wenn sie eine Festigkeit erlangt haben, daß man sie ungefährdet 5-6 Reihen übereinander stellen kann, in die Trockenschopfen eingetragen und hier nebeneinander und aufeinander geschlichtet, daß überall die Luft gehörig durchstreichen kann. In diesem Schopfen bleiben die Ziegel, bis sie völlig ausgetrocknet [sind] und in den Ofen zum Ausbrennen eingekarrt oder als Vorrat in einem anderen Schopfen aufbewahrt werden können […]“ [7].
Hoffmannscher Ringofen mit Beschickungstüren, Einbringung von Dachziegeln auf Feldbahnwagen, Ausbringung von fertig gebrannten Mauerziegeln auf Schubkarre, Aufseher. Der Ringofen ermöglichte einen durch fortschreitende Verlagerung der gerade befeuerten und mit luftgetrockneten Ziegeln befüllten Sektoren einen durchgehenden Ziegelbrand, vgl. [8].
Da in den zitierten Quellen das 20. Jahrhundert stiefmütterlich behandelt wird, sei an dieser Stelle ein Überblick über den gesamten Konzern anno 1925, 1959 und 1979 gegeben.
1925: Wienerberger Ziegelfabriks- und Baugesellschaft AG (1869 gegr.), I., Karlsplatz 1.
Ziegelfabriken und andere Werke:
X., Triesterstraße 106 (Wienerberg)
Vösendorf
Hennersdorf
Traiskirchen
X., Laaerberg (derzeit nicht in Betrieb)
X., Laaerwald (derzeit nicht in Betrieb)
X., Oberlaa (derzeit nicht in Betrieb)
XVII., Hernals (derzeit nicht in Betrieb)
Biedermannsdorf (derzeit nicht in Betrieb)
Guntramsdorf (derzeit nicht in Betrieb)
Möllersdorf (derzeit nicht in Betrieb)
Wiener Neudorf (derzeit nicht in Betrieb)
Kalksandziegelfabrik Matzen (derzeit nicht in Betrieb)
Ca. 2.500 Arbeiter, 5000 PS Dampfmotore, Elektromotore, Benzinmotore. Erzeugnisse: 300 Millionen Mauerziegel, 20 Millionen Dachziegel, Verblender, Kaminsteine, Drainageröhren, Kalksandziegel, Pflasterplatten, Klinkerziegel, Schamottewaren, Terrakotten, Öfen, Kamine, Fliesen, Fußboden- und Wandbelagplatten, Majoliken, Kunstkeramik, Steinzeug, Elektroporzellan, Straßenpflaster aus Keramit, Kaolin, Quarzsand [9].
1959: Wienerberger Ziegelfabriks- und Baugesellschaft AG (1869 gegr.), I., Karlsplatz 1.
Ziegelfabriken „Wienerberg“:
X., Triesterstraße 106
Vösendorf, Brunner Straße
Hennersdorf
Göllersdorf
Ernstbrunn
Weinsteig
Ernsdorf
Graz-St. Peter
Tonwarenfabrik , X., Wienerbergstraße 11
Diverser Grund- bzw. Gebäudebesitz: Wien I., Wien X. (Laaerwald), Biedermannsdorf, Guntramsdorf, Wiener Neudorf, Möllersdorf, Traiskirchen, Rückersdorf.
1979: Wienerberger Ziegelindustrie Gesellschaft m.b.H., Wien X, Wienerbergstraße 11
Ziegelfabriken:
Baden, Vöslauer Straße 167
Hennersdorf
Göllersdorf
Laa/Thaya
Marz [11]
Quellen:
[1]…MERK Grete (1966): Zwei Pioniere der österreichischen Industriegeschichte/Alois Miesbach und Heinrich Drasche. Wiener Forschungen zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Band 1, Hermann Böhlaus Nachfolger, Graz, S. 23
[3]…4 Fotografien ca. 110 x 80 mm, rückwärtig beschriftet „Wien X“, Eigentum schlot.at – Archiv (2021). Verortung durch Quelle [4] und durch ein fünftes Foto aus dem Konvolut gesichert, welches den nahen Favoritner Wasserturm zeigt.
[4]…Zumindest eines der Fotos aus Quelle [3] liegt auch im Wiener Stadt- und Landesarchiv ein, ist dem Fotografen Gustav GREINER zugeschrieben, am Standort Wienerberg verortet und mit 08.08.1913 datiert: Ziegelei_Wienerberg-Datensatz ,14.05.2021.
[5]…MERK Grete (1966): Zwei Pioniere der österreichischen Industriegeschichte/Alois Miesbach und Heinrich Drasche. Wiener Forschungen zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Band 1, Hermann Böhlaus Nachfolger, Graz, S. 29
[6]…MERK Grete (1966): Zwei Pioniere der österreichischen Industriegeschichte/Alois Miesbach und Heinrich Drasche. Wiener Forschungen zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Band 1, Hermann Böhlaus Nachfolger, Graz, S. 51ff
[7]…MERK Grete (1966): Zwei Pioniere der österreichischen Industriegeschichte/Alois Miesbach und Heinrich Drasche. Wiener Forschungen zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Band 1, Hermann Böhlaus Nachfolger, Graz, S. 30